Freilebende Wasserschildkröten fressen aus der Hand
Vor vielen Jahren besuchten wir in Griechenland einmal wieder einen uns gut bekannten Strand. Wir wollten dort mit dem Wohnmobil ein paar Tage stehen, um zu baden und in der Umgebung nach den dort vorkommenden Land- und Wasserschildkröten zu schauen. Am Strand mündete früher ein nur wenige Meter breiter Bach ins Meer. Mangels nur wenig nachfliesenden Wassers, hatte sich im unmittelbaren Strandbereich schon lange ein etwa vier mal 15 Meter großer Gumpen gebildet. Das stehende Gewässer war durch den Waldboden, den der kleine Fluss hauptsächlich durchfloss, bereits dunkelbraun eingefärbt. Wie in solchen Bachgumpen unmittelbar am Meer üblich, halten sich dort die meisten der normalerweise im gesamten Unterlauf lebenden Wasserschildkröten auf. Damals waren es sicher an die hundert ausgewachsene Mauremys rivulata und eine einzige adulte Europäische Wasserschildkröte. Die Schildkröten sind dort an Menschen gewöhnt, da sie regelmäßig, hauptsächlich mit Weißbrot, von den Touristen gefüttert werden. Hungrige Schildkröten gehen ein höheres Risiko ein, um an Futter zu gelangen und überwinden kurzfristig ihre natürliche Scheu.
Als wir damals Anfang Mai dort waren, waren wir allerdings die einzigen und ganz offensichtlich hatten die Wasserschildkröten schon lange nichts mehr zu fressen gehabt. Der Bach selbst bringt für die vielen Tiere nicht genug Fressbares mit, dodass die Schildkröten ständig hungrig sind.
Sobald die Schildröten uns bemerkten kamen sie angeschwommen und bettelten regelrecht nach Futter, wie man das von heimischen Gartenteichen in denen Schildkröten leben kennt.
Zunächst haben wir Katzentrockenfutter, das wir immer an Bord haben, verfüttert. Als wir von der Strandseite an den Gumpen herantraten schwammen die Schildkröten ans Ufer und kamen aus dem Wasser heraus. Wir konnten die Tiere sogar animieren an Land aus der Hand heraus zu fressen. Dass die Schildkröten zu einem so hohen Risiko bereit waren, zeigt den großen Hunger den sie leiden mussten.
Anschließend wollte ich mit einem Kescher in der angrenzenden Wiese Heuschrecken fangen, hatte jedoch nicht den nötigen Massenerfolg. Glücklicherweise fand ich in den Büschen der Umgebung gleich darauf einen kleinen nur etwa 12 mm großen braunen, Maikäfer ähnlichen, Käfer. Nur etwa halb so groß wie der bei uns auch bekannte Junikäfer. Der Käfer kam dort in so großen Stückzahlen vor, dass ich die Wasserschildkröten solange füttern konnte, bis sie nichts mehr fraßen.
Als wir am anderen Tag nach den Wasserschildkröten schauen wollten, zeigte sich kein einziges Tier mehr. Die Schildkröten saßen satt im Schilf und hatten ihre natürliche Scheu wiedergefunden. Auffallend war, dass sich in dem Gumpen ausschließlich ausgewachsene Schildkröten aufhielten. Jungtiere oder Schlüpflinge waren nicht vorhanden. Entweder waren diese aufgrund Futtermangel bereits verendet oder was ich eher vermutete, wurden diese von den adulten Schildkröten längst gefressen.