top of page

Regenerationsfähigkeit

Immer wieder fielen mir bei meinen Exkursionen in verschiedenen Habitaten Schildkröten mit flächig ineinander verschmolzenen, oft hell melierten Hornschilden auf, welche offensichtlich unter den teilweise abgefallenen alten Hornschilden gewachsen waren. Diese neuen Hornschilde passten in der Pigmentierung und Fleckenzeichnung jeweils nicht zu den artspezifischen Zeichnungselementen. Ich habe zwar angenommen, dass es sich hierbei um Brandverletzungen handelt, jedoch weiter keine Nachforschungen betrieben.

Regener.jpg
verwachsene Brandverletzung.jpg

Testudo hermanni boettgeri mit verwachsener Brandverletzung. Im unteren Bereich sind noch Teile der alten Randschilde mit den ursprünglichen Zeichnungselementen vorhanden. Die neu gebildeten Hornschilde weisen zwar die Form der alten Schilde und interessanterweise auch die alten Wachstumsringe auf, nicht aber deren ursprüngliche Zeichnungselemente.

Testudo marginata mit verwachsenen, neuen, sehr hellen Hornschilden. An den Randschilden in diesem Bereich sind noch oberflächliche Brandverletzungen erkennbar. Das untere Drittel der alten Hornschilde ist mit den ursprünglichen Zeichnungselementen noch vorhanden.

marginata Kopie.jpg

Erst als ich im September 2006 in einem sardischen Habitat eine Schildkröte mit abgestorbenem Knochenpanzer beobachtete, viel mir auf, dass sich unter den abgestorbenen und bereits etwas abstehenden Panzerknochenplatten ein neuer Panzer mit diesen ineinander verschmolzenen, meliert aussehenden Hornschilden gebildet hatte. Im vorderen Panzerbereich waren noch die alten Hornschilde vorhanden.

Rückenpanzer_2006_Kopie.jpg
Unbenannt-1.jpg
lose Knochenplatten1 Kopie.jpg
lose Knochenplatten Kopie.jpg

Das genannte Tier im September 2006. Ein neuer Knochenpanzer mit ineinander verwachsenen melierten Hornschilden hat sich gebildet. Der abgestorbene Knochenpanzer ist im Bereich der Randknochenplatten und teilweise im vorderen Bereich bereits abgestoßen. Die noch vorhandenen Knochenplatten sind an den Nähten aufgeplatzt und stehen kurz vor dem Abfallen. Lediglich die Randkochenplatten liegen noch relativ eng an.

IMG_0011  0.JPG
IMG_0010 903  0.JPG
IMG_0013.JPG

Wieder Zuhause habe ich in meinem Archiv Bilder aus diesem Habitat durchgesehen und tatsächlich die selbe Schildkröte, aufgenommen im Mai 2003, gefunden.

Wie bei den meisten Brandverletzungen ist auch hier der Bauchpanzer völlig unverletzt. Die Hornschilde des Rückenpanzers sowie die darunterliegende Knochenhaut sind bis auf die Randschilde, das vordere Wirbelschild und das linke vordere Rippenschild verbrannt und der offensichtlich bereits abgestorbene weiße Knochenpanzer ist sichtbar. Die Randschilde sind im hinteren Bereich bereits gelöst.

Die Schildkröte macht dennoch einen kräftigen gesunden Eindruck.

Durch diese weiteren Bilder neugierig geworden suchte ich gleich im Frühjahr 2007 das selbe Gebiet erneut auf und fand die Schildkröte in ihrem gewohnten Streifgebiet abermals wieder. Der alte Panzer war nun bis auf wenige Randknochenplatten im hinteren Bereich bereits vollständig abgestoßen und die darunter neu gewachsenen melierten Hornschilde waren zu sehen. Erkennbar waren im vorderen Bereich noch einige der alten Randschilde sowie etwa ein drittel des vorderen Wirbelschildes und etwa die Hälfte des linken vorderen Rippenschildes.

2007 Kopie.jpg
2007 1 Kopie.jpg

Offensichtlich sind die Schildkröten in ihrer natürlichen Umgebung in der Lage auch schwerste Verletzungen und Brandwunden ohne fremde Hilfe zu regenerieren.

Wissenschaftliche Abhandlungen zu nachwachsenden Knochenpanzern von Schildkröten sind mir bislang nicht bekannt geworden. Ich nehme daher an, dass dieses Phänomen allgemein noch unbekannt und nicht erforscht ist. 

Aus diesem Grund habe ich im November 2022 in der SACALIA, Vereinszeitschrift der Internationalen Schildkrötenvereinigung, eine Abhandlung des sehr interessanten Themas veröffentlicht.

Klicken Sie auf das nebenstehende PDF.

Der Artikel unterliegt dem Urheberrecht und darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors und des Verlages nicht reproduziert oder anderweitig veröffentlicht werden.

bottom of page